Jörg Steinbach (2. von links) ließ sich von Bettina Götze (li.) im Optik-Industrie-Museum erklären, welche wichtige Rolle Dunckers Vielschleifmaschine gespielt einst hat. Quelle: Bernd Geske
Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft und Energie, hat am Donnerstag mit Vertretern der Optik-Branche in Rathenow gesprochen. Er hat sich darüber informiert, woher der Titel „Stadt der Optik“ kommt.
Rathenow
Woher kommt es, dass Rathenow die „Stadt der Optik“ ist? Was ist von den Traditionen noch erhalten und wo liegen die Chancen für die Zukunft? Fragen wie diesen ist Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft und Energie des Landes, am Donnerstagnachmittag in Rathenow nachgegangen.
Bei einer Gesprächsrunde im Kulturzentrum saß er mit Vertretern des Netzwerks Optic-Alliance Brandenburg-Berlin (oabb), der Landesaugenoptikerinnung und der Technischen Hochschule (TH) Brandenburg zusammen. Eingeladen hatte ihn Katja Poschmann, SPD-Direktkandidatin für die Landtagswahl im Wahlkreis IV.
Standort mit Potenzial
Die Visite des Ministers folgte gewissermaßen dem Besuch von Staatssekretär Thomas Kralinski, der vor zwei Wochen in Rathenow mit fast den gleichen Vertretern über den Optik-Standort gesprochen hatte.
In seinem einführenden Vortrag beschrieb Justus Eichstädt, Professor des neuen Studiengangs Augenoptik/Optische Gerätetechnik, die Stadt Rathenow als einen Standort mit Potenzial. Optik und Photonik seien Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Die Stadt sei vor 200 Jahren die Wiege der optischen Industrie in Deutschland gewesen. Die Chance hier sei heute die Vielfalt, Flexibilität und Individualität der vielen kleinen Betriebe.
Jörg Steinbach traf sicher viele seiner Gesprächspartner ins Herz, als er begann, die Augenoptik als etwas altbacken und unmodern zu beschreiben. „Wie überlebensfähig ist die Augenoptik?“, frage er. Die Zahl der Brillenträger gehe doch zurück. Seien heute nicht viel mehr Kontaktlinsen und Laseroperationen angesagt?
Heftiger Widerspruch wurde ihm zuteil. Der Absatz von Kontaktlinsen stagniere und sei teils sogar rückläufig, sagte Gunther Schmidt, Landesinnungsmeister der Augenoptikerinnung. Der Kunde brauche individuelle Beratung: „Wenn wir Rathenow stärken wollen, geht das nur mit der Brille als einem individuell angefertigten Produkt.“
Nachdem sich der Minister eine Reihe von Antworten angehört hatte, gab er zu, er sei beruhigt, dass es hier ein funktionierendes System gebe. Er gestand, etwas provokativ gefragt zu haben und erkundigte sich, was genau er für die Rathenower Optik tun könne.
Tina Haupt von der Rathenower Wirtschaftsförderung sagte, es könne sein, dass der neue Optikstudiengang nach einer Bewertung bald wieder eingestellt werde. Jörg Steinbach entgegnete, das glaube er nicht. Drohe die Gefahr wirklich, könnte er über die Wirtschaftsförderung etwas bewirken.
Zu den alten Weitwinkelobjektiven von der Firma Emil Busch hatte Jörg Steinbach ein paar genauere Fragen. Quelle: Bernd Geske
Der Minister fragte dann nach, ob die Unternehmen der Region überhaupt bereit seien, die Absolventen des neuen Optik-Studiums angemessen zu bezahlen, wenn diese Arbeit suchen. Tilo Happich, Chef von Askania Mikroskoptechnik, antwortete, er bekomme nur gute Fachkräfte, wenn er sie auf Augenhöhe bezahle. Aus seiner Sicht fehle mehr die politische Unterstützung, um den Standort Rathenow mehr bekannt zu machen.
Peter Poschmann, Sprecher des Netzwerks oabb, sagte, der Stadt Rathenow fehle ein komplettes Standortmarketing. Er sei gern bereit, antwortete Jörg Steinbach, sich mehr für die Rathenower einzusetzen. Man möge ihm Angebote zustellen, was es kosten würde, wenn örtliche Firmen eine Image-Kampagne machen. Er bot außerdem an, bei einer zeitnah geplanten Reise zu Unternehmen eine oder zwei Optikfirmen in Rathenow zu besuchen.
Von Bernd Geske
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung vom 04.07.2019, den kompletten Artikel finden Sie unter folgendem Link